Rechte vor Gericht – Eine Bilanz des NSU-Prozesses

Bericht von Eyüp Mengülogul

Die Podiumsdiskussion am Montag den 25. Juni bei der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP) gab zahlreichen Fachleuten und Beteiligten des NSU-Prozesses aus Polizei, Justiz und Politik die Möglichkeit, über den bald endenden Prozess und seine Wirkung zu diskutieren. Im Anschluss stellten sich alle Beteiligten den Fragen der Zuhörer.


Mit einem Vorwort von Dr. Dieter Engel begann der Diskussionsabend zum Prozess um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Seine Rede führte die Zuhörer nicht nur in das Thema des Abends ein, er richtete auch direkt einige Worte an die Beteiligten der Podiumsdiskussion. Vor allem war ihm die Einschätzung von Dr. Katzidis wichtig, da dieser als langjähriger Polizist und Mitglied des Landtags in besonderer Verantwortung steht.
Nach dem Vorwort konnten alle Gäste ein kurzes Eingangsstatement halten. Mehmet Daimagüler, als Anwalt einiger Opfer, und Meral Sahin, als Vertreterin der Initiative Keupstraße, gewährten beim Beantworten der einzelnen Fragen einen tiefen Einblick hinter die Kulissen. Entsprechend richteten sich die Fragen an sie und zu ihren Eindrücken während der Prozesstage.
Dazu gab Meral Sahin ein klares Statement, die Gesellschaft muss im Bereich von Rassismus mehr Acht geben und sie rief dazu auf, stark gegen den Rassismus zu bleiben. Die Schilderungen von Rechtsanwalt Daimagüler fielen bei der Beantwortung der Fragen recht kritisch gegenüber der damaligen Arbeit der Polizei, des Verfassungsschutzes und der Bundesanwaltschaft aus. Anhand einiger konkreter Beispiele erläuterte er den Zuhörern fesselnd die Geschehnisse der fehlerhaften Arbeit einiger beteiligter Behörden.

Der Bonner Jurist Prof. Dr. Zabel versuchte den Zuhörern zu vermitteln, dass Juristen in solchen Prozessen immer wieder vor dem Problem stehen, dass ein Urteil oder ein Verfahren den Erwartungen der Gesellschaft in den meisten Fällen nicht gerecht werden kann. Dieses Dilemma zwischen der Erwartung innerhalb der Gesellschaft und einem rechtsstaatlichen Verhalten, dem ein Jurist unterliegt, hat sich seiner Meinung nach auch im NSU-Prozess gezeigt.   
Dazu und auch mit Blick auf die Aussage von Mehmet Daimagüler, erklärt Christos Katzidis, dass eine Aufarbeitung der Verfahrens- und Ermittlungsfehler dringend im Rahmen der rechtsstaatlichen Möglichkeiten geboten ist. Vor allem ist aus parlamentarischer Sicht eine Aufarbeitung seiner Meinung nach notwendig. In gewissen Bereichen ist dies auch mit dem neuen Polizeigesetz geschehen.

Im Laufe der Podiumsdiskussion wurde mit Blick auf den Prozess an zwei bestimmten Punkten Kritik geäußert. Zum einen an der Triothese, welche besagt, dass der NSU nur aus drei Personen bestand. Zum anderen aber auch an dem System mit der Arbeit von V-Männern. Sowohl Katzidis als auch Zabel konnten die Kritik nachvollziehen, jedoch kamen beide zu dem Punkt, dass das Problem der V-Männer mit deren Abschaffung nicht einfach gelöst wäre. Beide Experten waren sich einig, dass eine Ermittlung von organisierter Kriminalität ohne V-Männer kaum möglich ist, da man keinen Zugriff auf die inneren Strukturen der Organisation hätte.
Alle Beteiligten waren zwar der Ansicht, dass diese Probleme nicht einfach auf sich beruhen dürfen, jedoch scheint eine einstimmige Lösung des Problems nicht in greifbarer Nähe zu liegen.
Persönlich fand ich den Abend sehr interessant und er bot mir viele neue Einblicke. Auch einige Zuhörer, mit denen ich später im Gespräch war, empfanden dies ebenso. Besonderes hat sie der tiefe Einblick in das Verfahren durch Mehmet Daimagüler fasziniert. Auch die Erfahrungen des Landtagsabgeordneten als ehemaligem Polizisten und seine Schilderungen über den Stand der Dinge aus dem Landtag beeindruckten sie.
Die Zuhörer, mit denen ich mich unterhielt, haben sich über den Besuch von Christos Katzidis gefreut und seine Meinung zu schätzen gewusst. Auch wenn ein paar wenige von ihnen nicht ganz seiner Meinung waren, so empfanden sie ihn doch als einen angenehmen Gesprächspartner.