Empfehlungen zur Stärkung der Kommunalen Ordnungsdienste

Starke Partner bei der inneren Sicherheit und unverzichtbar für einen handlungsfähigen Rechtsstaat

Fachpolitische Empfehlungen der innenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Union

1     Ausgangslage
Den kommunalen Ordnungsbehörden obliegt in den meisten deutschen Bundesländern (Bayern, Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) die Aufgabe der Gefahrenabwehr. Nach dem vorherrschenden Trennungsprinzip sind die Ordnungsbehörden im Gegensatz zur Polizei primär und originär für die Gefahrenabwehr im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuständig. Aber auch in den Bundesländern, die sich für das „Einheitssystem“ entschieden haben, wie beispielsweile Baden-Württemberg, Bremen und das Saarland, obliegt die Aufgabe der Gefahrenabwehr vorrangig den „Polizeiverwaltungsbehörden“. Die Vollzugspolizei ist demensprechend für die Gefahrenabwehr nur in besonderen Eilfällen und Notsituationen zuständig, vorrangig müssen aber die Ordnungsbehörden bzw. die Polizeiverwaltungsbehörden diesen Aufgabenbereich erfüllen. So hat zum Beispiel in NRW die Polizei nach § 1 Abs. 1 S. 3 PolG NRW in eigener Zuständigkeit nur tätig zu werden, soweit ein Handeln der anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint; dies gilt insbesondere für die den Ordnungsbehörden gem. § 1 OBG NRW obliegende Aufgabe Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Das Aufgabenspektrum der kommunalen Partner ist dabei sogar breiter gefächert als die Aufgaben der Polizeibehörden.

Mit Blick auf das verfassungsrechtliche Selbstverwaltungsrecht der Städte und Kommunen fehlt es anders als bei der Polizei bei den Ordnungsbehörden an einem einheitlichen Berufsbild mit festgelegten Standards bei der Ausbildung und Ausstattung für die eingesetzten Ordnungskräfte. Durch die kommunale Eigenverantwortlichkeit gibt es in vielen Bundesländern aktuell keine einheitlichen Aus- und Fortbildungsstandards oder verbindliche Ausrüstungsstandards bzw. Einsatzmittel. Kommunen können in Eigenverantwortung entscheiden, ob und wie eine Aufgabe erledigt wird, was zur Folge hat, dass es so eine unterschiedliche Aufgabenwahrnehmung im Bereich der kommunalen Ordnungsdienste gibt. Dieser Zustand konterkariert nicht nur die Wahrnehmung in der Bevölkerung von den Ordnungsbehörden als elementarer Teil unser Sicherheitsarchitektur, sondern trifft auch regelmäßig bei den Beschäftigten auf ein großes Unverständnis. Verbindliche Standards sind nur in Einzelfällen vorhanden, z.B. in Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein. 

Auch wenn die Kommunen die personelle Besetzung und qualitative Ausstattung ihrer kommunalen Ordnungsdienste im Rahmen ihrer Selbstverwaltungsgarantie selbst bestimmen können, handelt es sich bei der Wahrnehmung der Aufgaben der kommunalen Gefahrenabwehr um eine klassische gesetzliche Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Den Aufsichtsbehörden obliegt bei ihrer Aufsichtstätigkeit die Kontrolle der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns der ihnen nachgeordneten Behörden. Eine Kontrolle, ob die Kommunen ihre Ordnungsdienste personell und qualitativ sachgerecht ausstatten, erfolgt im Regelfall nicht. Hier eröffnet die kommunale Selbstverwaltungsgarantie einen breiten kommunalen Gestaltungsspielraum mit der Folge, dass kommunale Sicherheit in sehr unterschiedlicher Intensität wahrgenommen wird.

Diese heterogene Ausgangslage führt dazu, dass die einzelnen Ordnungsbehörden im unterschiedlichen Umfang die verschiedenen Aufgabengebiete erfüllen können und sich demensprechend in den Strukturen stark unterscheiden. Wir möchten die Ordnungsbehörden nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung als einheitliche und starke Sicherheitspartner etablieren, sondern auch die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten durch fachpolitische Empfehlungen nachhaltig stärken, denn die Ordnungsbehörden und Ordnungskräfte sind wichtige Partner bei der Bekämpfung der CLAN-Kriminalität, der Verbesserung des Sicherheitsempfindens durch Präsenz und vor allem der Entlastung der Vollzugspolizei durch Wahrnehmung des eigenen Gefahrenabwehrauftrages. 
Zudem darf es in der Bundesrepublik Deutschland nach unserer Überzeugung keine Vollzugskräfte erster, zweiter oder dritter Klasse geben. Wer sich mit seinem Leben und seiner Gesundheit täglich für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Freiheit einsetzt, der sollte bestmöglich aus- und fortgebildet werden sowie über die modernste und beste Schutzausrüstung verfügen. Gleiches für Einsatzmittel und -fahrzeuge. 

Wenn man eine Vereinheitlichung, wie bei der Polizei, anstrebt, sollten die kommunalen Spitzenverbände und andere wichtige Stakeholder entsprechend eingebunden werden. Nachfolgend unsere fachpolitischen Empfehlungen:


Wir empfehlen Aus- und Fortbildungsstandards und ein klar definiertes Berufsbild mit Aufstiegsperspektiven
Der KOD wird bislang allzu oft als Aufgabenfeld verstanden, das den Einstieg in den kommunalen öffentlichen Dienst ermöglicht und mangels weiterer Entwicklungsmöglichkeiten als „Sprungbrett“ in andere kommunale Aufgabenfelder mit besseren Möglichkeiten verstanden wird. Ziel sollte es deshalb sein, ein bundesweit einheitliches Berufsbild für die Tätigkeit im Kommunalen Ordnungsdienst zu definieren. Hierzu gehört auch die Festlegung von generellen Mindesteinstellungsvoraussetzungen. 
Für dieses gilt es im nächsten Schritt ein fachspezifisches Ausbildungsbild zu definieren, in dem die insbesondere für den kommunalen Ordnungsdienst besonders relevanten Aufgabenfelder vermittelt werden. Hier könnten ohne Weiteres die Grundzüge des Ausbildungsbildes für den früheren mittleren Polizeivollzugsdienst adaptiert werden. Dies würde auch insoweit passen, als für die klassisch hoheitliche Tätigkeit im kommunalen Ordnungsdienst eine spätere Verbeamtung angestrebt werden sollte. Die Ausbildung für den kommunalen Ordnungsdienst sollte dabei auch – ähnlich wie bei der Polizei – die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung bieten. Insbesondere im großstädtischen Bereich bestehen schon heute dem Polizeivollzugsdienst ähnliche Strukturen, bei denen die Einsatzkräfte, die in der Regel im mittleren Dienst angesiedelt sind, durch sogenannte Schichtleiter im gehobenen Dienst, in der Ausgabenstellung vergleichbar mit polizeilichen Dienstgruppenleitern, eingesetzt werden.


Wir empfehlen bundesweit einheitlich Standards bei der Einsatz- und Schutzausrüstung
Im Regelfall beschafft jede Kommune die Einsatz- und Schutzausrüstung für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des KOD selbst. Vor dem Hintergrund, dass die Uniformen bereits jetzt sehr ähnlich sind und an die persönliche Schutzausstattung die gleichen Anforderungen zu stellen sind, würde sich ein einheitlicher Uniform- und Schutzausrüstungsstandard anbieten. Die KOD wären nicht nur in allen Kommunen anhand ihrer Uniform gleichmäßig erkennbar. Die einzelnen kommunalen Vergabe- und Beschaffungsverfahren würden deutlich vereinfacht, was auch aus fiskalischer Sicht zu befürworten ist.

Damit es nicht Vollzugskräfte erster, zweiter und dritter Klasse gibt, empfehlen wir folgende Einsatz- und Schutzausrüstung von Vollzugskräften der Ordnungsbehörden als Mindestausstattung:

-    Uniform
-    Handschuhe
-    Taschenlampe
-    Stich-, schnittschutz- und schusssichere Westen
-    Reizstoffsprühgerät
-    Einsatzmehrzweckstock ausziehbar (EMS-A)
-    Bodycams mit sichtbarem Display
-    Colorierte Einsatzfahrzeuge
-    Kameras in den Einsatzsatzfahrzeugen

Wir empfehlen Fluoreszierende Folien und Gelblicht für die Einsatzfahrzeuge
Die Dienstfahrzeuge der kommunalen Ordnungsbehörden sollten bundesweit mit einer einheitlichen Beschriftung versehen werden und analog zu den Dienstfahrzeugen der Polizei mit fluoreszierenden Folien foliert werden. Als lichttechnische Einrichtungen gemäß 49a Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) gelten auch Leuchtstoffe und rückstrahlende Mittel (retroreflektierende und fluoreszierende Folien). In § 52 Straßenverkehrszulassungsordnung sind die hierfür berechtigten Fahrzeuge aufgeführt. Hier sind bislang die Fahrzeuge der Ordnungsbehörden nicht aufgelistet. Hier sollte eine Änderung erfolgen und die Einsatzfahrzeuge der Ordnungsbehörden sollten nach § 52 StVZO in den Kreis der berechtigten Fahrzeuge aufgenommen werden.
Zur Absicherung von Gefahrenstellen und Straßensperren werden in vielen Kommunen die Einsatzkräfte der Ordnungsbehörden hinzugezogen. Aus diesem Grund sollte auch die Verwendung von blinkendem Gelblicht einer bundesweit einheitlichen Regelung unterliegen. Die Verwendung ist ebenfalls in § 52 StVZO geregelt und sollte an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst werden.
Insgesamt bietet es sich an, die Einsatzfahrzeuge der kommunalen Ordnungsdienste optisch so zu gestalten wie die Fahrzeuge der Polizeibehörden, nur mit anderen Schriftzügen. So würde man das Sicherheitsempfinden durch eine „erhöhte“ Präsenz steigern. 


Wir empfehlen die Anbindung der KOD an den BOS-Funk
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, sog. BOS, ist ein Oberbegriff für Organisationen, die Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr haben. Die BOS in Deutschland verwenden ein eigenes Funknetz, den sog. BOS-Funk.
Die BOS umfassen sowohl staatliche wie auch nichtstaatliche Organisationen. Entscheidend ist die Frage, ob sie Aufgaben zur Bewahrung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahrnehmen.(1) Auch die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und Katastrophen ist eine derartige Aufgabe, so dass neben den öffentlichen Organisationen auch gemeinnützige Vereine und im Rettungsdienst auch private Unternehmen den BOS-Funk nutzen können. 

Nicht Teil der BOS sind private Sicherheitsdienste und die Bundeswehr insgesamt. Nur Teile der Bundeswehr, wie der Aufgabenbereich Feldjägerwesen der Bundeswehr sowie die am Rettungsdienst beteiligten SAR-Einheiten, Fahrzeuge von Bundeswehrkrankenhäusern, einige lokale Sanitätsbereiche sowie die Bundeswehr-Feuerwehr, sofern sie in die kommunalen Alarm- und Ausrückeordnungen (AAO) eingebunden ist, gehören zum BOS-Verbund.

Auch die Ordnungsämter werden nicht zu den BOS gezählt, obwohl sie in vielen Städten ähnliche oder sogar in Teilen gleiche Aufgaben wie die Polizeibehörden wahrnehmen, eine ähnliche Ausstattung und insbesondere auch „Streifenwagen“ haben. Dieser Ausschluss vom BOS-Funk ist nicht nachvollziehbar, da die Ordnungsbehörden in vielen Bundesländern einen klaren gesetzlichen Auftrag zur Gefahrenabwehr haben. Wir empfehlen deshalb die Aufnahme der Ordnungsämter in die Nutzergruppe des BOS-Funkes.
 

1. Vgl. im Einzelnen hierzu (Abrufdatum 12. August 2023):
https://www.bdbos.bund.de/DE/Digitalfunk_BOS/Nutzergruppen/nutzergruppen_node.html